Mit der Kita Kändlerstraße konnte das Leipziger Jugendamt bisher nur eine von vier geplanten Kitas für ukrainische Kinder eröffnen. Der Grund dafür ist der Fachkräftemangel. Mit dem Freistaat wird nach einer Lösung gesucht.
Leipzig. Diese Woche kommt endlich die zweite Gruppe. Der Kindergarten in der Leipziger Kändlerstraße erfüllt sich immer mehr mit Leben. Im Garten werden die Besucher mit einem „Guten Tag“ begrüßt. Das Besondere: Die Kita ist eine von vier Einrichtungen, die die Stadt kurzfristig für ukrainische Kinder hergerichtet hat oder dies zumindest wollte, um ihre Betreuung abzusichern. „Die sprachliche Barriere ist schon eine Herausforderung“, sagt Kita-Leiter Michael Leeder. „Die Familien sind aber sehr offen, freundlich und bemüht. Deshalb ist das Arbeiten mit ihnen recht einfach.“ Die Eingewöhnung gehe recht schnell, da viele Kinder auch daheim in der Ukraine im Kindergarten waren.
Workshop für Fachkräfte geplant
Es sei natürlich leichter für alle, wenn die Erzieherinnen ukrainisch sprechen oder es Sprachmittler gibt. „Größere Probleme gab es bislang nicht“, sagt Leeder, der den Kindern selbst ab und an in der Mittagszeit etwas aus Bilderbüchern auf Deutsch vorliest, damit sie die Sprache besser kennenlernen. Die Erzieherinnen machen ohnehin einen Grundkurs Deutsch. Es gibt auch gemeinsam mit der Universität Leipzig organisierte Workshops für Fachkräfte aller Leipziger Kitas, um sich in puncto traumasensiblem Arbeiten sowie im Umgang mit Notsituationen weiterzubilden. Die Stiftung „Leipzig hilft Kindern“ fördert das finanziell.
983 Mädchen und Jungen in der Altersgruppe bis 6 Jahre sind inzwischen aus der Ukraine in Leipzig angekommen, 643 davon möchten eine Kita besuchen. 163 benötigen einen Krippenplatz, 480 einen Kitaplatz. Allerdings nicht immer sofort. Das sind jedenfalls die Anmeldezahlen aus dem Willkommenszentrum. Aktuell werden 48 junge Ukrainer in kommunalen Kindergarten sowie 129 bei Freien Trägern betreut, in der Krippe sind es 5 beziehungsweise 14. Die Stadt hat beispielsweise eine gemischte Gruppe in ihrer Einrichtung in der Ludolf-Colditz-Straße eröffnet. Alle anderen ukrainischen Kinder sind verteilt in der gesamten Stadt versorgt.
Verzögerung aufgrund von Personalmangel
Eigentlich sollten es vier Kitas für ukrainische Kinder werden. Die Stadt hatte angekündigt, leerstehende Gebäude, die eigentlich saniert werden sollten, nach etlichen Reparaturen und Verschönerungen wieder in Betrieb zu nehmen. Die anderen drei Einrichtungen – in der Arndtstraße, Reichelstraße und Stötteritzer Straße – gehen allerdings erst nach und nach in Betrieb. Hier gibt es Verzögerungen. „Wir sind zwar in der komfortablen Lage, dass wir anders als andere Städte genügend Kapazitäten haben, den Bedarf zu decken“, konstatiert Jugendamtsleiter Nicolas Tsapos: „Aber uns fehlt das Personal.“ So sind derzeit sieben ukrainische Fachkräfte eingestellt sowie vier Sprach- und Kulturmittlerinnen, die beispielsweise für Kennenlern-Treffen mit den Eltern und Vertragsgespräche variabel eingesetzt werden können. Nötig sind ab mindestens 59 Vollzeitstellen für die angemeldeten jungen ukrainischen Kriegsflüchtlinge.
In sächsischen Kitas gilt das Fachkräfte-Gebot
Das Problem: Die Abschlüsse ukrainischer Erzieherinnen sind in Deutschland nach wie vor nicht anerkannt. Die Schulen sind da weiter, da dort im Moment viele Quereinsteiger beschäftigt werden können. Im Kita-Bereich gilt hingegen das Fachkräfte-Gebot, um den vorgeschriebenen sächsischen Bildungsplan umsetzen zu können. „Die Anforderungen sind da wesentlicher komplizierter“, so der Jugendamtsleiter. Gemeinsam mit dem Kultusministerium in Dresden werde aber an einer Lösung gearbeitet, sagt er.
Lockerung der Regelungen im Gespräch
„Ich bin da sehr intensiv im Gespräch, wir sind kurz davor, eine Lösung zu finden.“ Schließlich sei es besser, wenn die Kinder tagsüber betreut werden, die Mütter – die in der Heimat in großen Familien leben – ein wenig entlastet werden können. Oft werde das Angebot ohnehin nicht den ganzen Tag, sondern nur punktuell oder stundenweise genutzt, heißt es. Nach LVZ-Informationen ist nun vorgesehen, zumindest in rein ukrainischen Kitas den Personalschlüssel – speziell das vorgeschriebene Verhältnis von Fach- sowie Assistenzkräften – ein wenig zu lockern. Offen bleibt, wie es mit der Anerkennung der Abschlüsse weitergeht.
„Wenn wir jetzt zeitnah den Bedarf decken wollen, brauchen wir die drei anderen Kitas für die ukrainischen Kinder“, konstatiert Tsapos. Bis dahin müssen freie Plätze stadtweit genutzt werden. Da ist Leipzig inzwischen weiter als in den Vorjahren. Es gibt längst keine Gerichtsverfahren mehr, bei denen Eltern ihren Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz einklagen.
Von Mathias Orbeck
Aus der LVZ vom 28. Juni 2022.
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